- Freiberufliche Tätigkeit
- Step 1: Fragebogen zur steuerlichen Erfassung
- Step 2: Steuernummer
- Step 3: Steuerliche Pflichten
- Step 4: Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (optional)
- Umsatzsteuer bei EU-Kunden (Reverse Charge)
Hier das ist der Prozess, den ich 2024 durchlaufen habe, um meine Selbständigkeit als Grafikdesigner in München anzumelden.
Freiberufliche Tätigkeit
In meinem Fall habe ich meine selbständige Tätigkeit als freiberufliche Tätigkeit angemeldet.
Als freiberufliche Tätigkeit bzw. freier Beruf gilt unter anderem die “selbständig ausgeübte künstlerische Tätigkeit” (siehe § 18 Einkommensteuergesetz (EStG), Absatz 1). Den meisten Finanzämtern und einigen Urteilen zufolge zählt dazu auch der Beruf des Grafikdesigners.
Wie die Feststellung der Künstlereigenschaft durch die Finanzbehörden genau erfolgt, und wie inkonsistent sie häufig ist, wird sehr gut in diesem Artikel beleuchtet.
Die Vorteile, die sich aus der Einordnung meiner Tätigkeit als freiberufliche Tätigkeit ergeben, sind primär, dass ich keine Gewerbesteuer zahlen muss und eine weniger umfangreiche Buchhaltungspflicht habe (Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) ist immer ausreichend unabhängig von Umsatz oder Gewinn).
Für meinen Fall ist außerdem relevant, dass “ein Angehöriger eines freien Berufs […] auch dann freiberuflich tätig [ist], wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient; Voraussetzung ist, dass er auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird.” – siehe § 18 EStG.
Entsprechend darf ich andere Designer und Dienstleister mit in ein Kundenprojekt einbeziehen solange ich selbst das Projekt leite.
Step 1: Fragebogen zur steuerlichen Erfassung
Freiberufliche Tätigkeit als Grafikdesigner beim Finanzamt anmelden, indem via ELSTER der Fragebogen zur steuerlichen Erfassung - Aufnahme einer gewerblichen, selbständigen (freiberuflichen) oder land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit ausgefüllt wird.
Es gibt kein “Häkchen” was man im Fragebogen setzen muss, um sich explizit als Freiberufler anzumelden. Stattdessen geht das aus der Art der Tätigkeit hervor, die man bei “24 - Art der Tätigkeit” angibt. In meinem Fall: “selbständige künstlerische Tätigkeit als Grafik-Designer”.
Auch entscheidet man sich hier, ob man die Kleinunternehmer-Regelung in Anspruch nehmen will (sofern der erwartete Umsatz im laufenden Jahr die Grenze von €50.000 nicht überschreitet, siehe § 19 Absatz 1 UStG).
Außerdem kann man in bestimmten Fällen aussuchen, ob man seine Umsatzsteuer nach Ist- oder Sollversteuerung berechnet. Freiberufler, die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln, dürfen immer – unabhängig von der Höhe ihres Umsatzes – die Ist-Besteuerung beantragen (Quelle). Das hat den Vorteil, dass die Umsatzsteuer erst abgeführt werden muss, wenn die Zahlung eingegangen ist; sprich bessere Liquidität.
Step 2: Steuernummer
Sofern der Fragebogen erfolgreich bearbeitet wurde, erhält man eine Steuernummer vom Finanzamt. In meinem Fall hat es 2,5 Monate gedauert, bis ich nach dem Absenden des Fragebogens eine Steuernummer zugeteilt bekommen habe.
Diese Steuernummer braucht man, um konforme Rechnungen schreiben zu können. Man kann zwar auch schon Rechnungen ausstellen, bevor man eine Steuernummer hat (zumindest an deutsche Kunden) – allerdings muss man dann eine korrigierte Rechnung ausstellen, sobald man die Steuernummer hat. Wie das genau geht, ist sehr gut in diesem Artikel erklärt.
Step 3: Steuerliche Pflichten
Mit Erhalt der Steuernummer gehen auch die steuerlichen Pflichten einher, die mit der freiberuflichen Tätigkeit verbunden sind:
- Umsatzsteuer-Voranmeldung: Mehrfach im Jahr die vereinnahmte Umsatzsteuer, verrechnet mit der gezahlten Umsatzsteuer (Vorsteuer), via ELSTER ans Finanzamt melden und unaufgefordert (!) ans Finanzamt überweisen.
- Lag die eigene Steuerschuld zwischen 1.000 und 7.500 Euro monatlich ist die Umsatzsteuer-Voranmeldung quartalsweise einzureichen. Bei mehr als 7.500 Euro monatlich.
- Gründer mussten bisher im Jahr der Gründung sowie im Folgejahr monatliche USt-Voranmeldungen vornehmen. Diese Regelung wird bis 2026 ausgesetzt. Sofern die Umsatzschwelle von 7.500 Euro nicht überschritten wird, dürfen Gründer ab Januar 2021 vierteljährliche USt-Voranmeldungen abgeben.
- Fristen für die Umsatzsteuer-Voranmeldung: Immer zum 10. des Folgemonats nach dem Quartal. Für das Jahr 2024 also:
- 11.4.24
- 11.7.24
- 10.10.24
- 10.1.25
- Umsatzsteuererklärung: Jährliche Zusammenfassung aller Umsatzsteuervoranmeldungen eines Jahres via ELSTER ans Finanzamt übermitteln
- muss bis spätestens zum 31. Mai des Folgejahres via Elster eingereicht werden
- Einnahme-Überschuss-Rechnung (EÜR): jährlich die Anlage EÜR via ELSTER ans Finanzamt übermitteln
Um diesen Pflichten nachzukommen, verwende ich das Buchhaltungsprogramm SevDesk.
Hier sammle und verbuche ich alle Belege für Einnahmen und Kosten, die in Verbindung zu meiner freiberuflichen Tätigkeit stehen.
Solange man hier sauber arbeitet, ist der Buchhaltungsaufwand meiner Meinung nach überschaubar, und ohne die Hilfe eines Steuerberaters zu schaffen.
Step 4: Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (optional)
Um mit internationalen Kunden innerhalb der EU (bzw. des Europäischen Binnenmarktes) Geschäfte zu machen, benötigt man zusätzlich zur Steuernummer eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr), englisch VAT-ID.
Die Vergabe der USt-IdNr erfolgt durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Bei einer Neugründung kann die Erteilung der USt-IdNr. aber direkt beim zuständigen Finanzamt beantragt werden. In meinem Fall habe ich einfach beim Finanzamt angerufen und mitgeteilt, dass sie doch bitte die Daten zur Erteilung einer USt-IdNr an das BZSt übermitteln sollen. Etwa eine Woche später erhielt ich in einem Brief vom BZSt dann meine USt-IdNr.
Umsatzsteuer bei EU-Kunden (Reverse Charge)
Bei Geschäften mit internationalen Kunden innerhalb der EU wird häufig das Reverse-Charge-Verfahren angewendet.
Die Umsatzsteuer zahlt hier nicht der Unternehmer, der die Leistung erbringt, sondern der Abnehmer. Das erleichtert Umsatzsteuerzahlungen und -rückerstattungen auf internationaler Ebene. In diesem Artikel wird gut erklärt, was es zu beachten gilt.
Da ich bei Geschäften mit Unternehmen innerhalb der EU das Reverse-Charge-Verfahren anwende, muss ich das bei der Rechnungsstellung und Buchhaltung berücksichtigen. (Hier wird erklärt, wie man das in SevDesk richtig macht.)
Außerdem bin ich damit dazu verpflichtet, parallel zur Umsatzsteuer-Voranmeldung auch quartalsweise das Formular “Zusammenfassende Meldung” ans Finanzamt zu übermitteln. Das ist wie eine USt-Voranmeldung, bloß für die Umsätze, die über das Reverse-Charge-Verfahren abgewickelt werden.
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